Interkulturelle Kompetenz

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17 Frauen und Männer der Donau-Ries-Werkstätten in Nördlingen konnten anhand vieler Übungen und Methoden ihr Wissen vertiefen. Themen wie Kultur, effektive interkulturelle Kommunikation, Wahrnehmung und Behinderung im kulturellen Vergleich standen auf dem Programm beim Zertifikatslehrgang mit europaweiter Anerkennung „Interkulturelle Kompetenz Medical“. Als Seminarleiterin konnte die Volkshochschule Donauwörth, auf Empfehlung des Bayerischen Volkshochschulverbandes in München, Silke Ettling (Studium interkulturelle Kommunikation und Sozialpsychologie) gewinnen, die bereits zahlreiche Publikationen zum Thema Interkulturelle Kompetenz im Gesundheitswesen veröffentlicht und sich als kompetente Trainerin ausgezeichnet hat.




Im heutigen Wirtschaftsleben ist das Wissen über den richtigen Umgang mit kultureller Fremdheit unerlässlich. Und über dieses Wissen hinaus sind spezifische Fähigkeiten bedeutend, die eine Sensibilität für interkulturelles Handeln entwickeln helfen. Zu einer Informationsveranstaltung darüber konnte VHS-Geschäftsführerin Gudrun Reißer im Forum für Bildung und Energie/VHS-Haus Markus Bassenhorst willkommen heißen. Bassenhorst ist Fachreferent für politische und kulturelle Bildung beim Bayerischen Volkshochschulverband. Er leitet zudem die bundesweite Masterprüfungszentrale Xpert Culture Communication Skills®. Gefolgt waren der Einladung Repräsentanten der Lebenshilfe Donau-Ries, des AWO-Kreisverbandes, Vertreter der Polizei, des Roten Kreuzes, der Ausländerbehörde im Landratsamt und einige Unternehmer waren ebenso anwesend wie Bürgermeister Jörg Fischer, zugleich Quartiermeister Parkstadt Donauwörth.

All unsere Lebensbereiche seien mehr oder weniger kulturell geprägt, sagte Bassenhorst. Oft berichteten Absolventen des Lehrgangs, dass sie das Gelernte erstaunlich häufig im Umgang mit anderen Deutschen ideal anwenden können. „Was hier erlernt wird, ist ein elementarer Bestandteil sozialer und kommunikativer Kompetenz – der Schwerpunkt auf der kulturellen Prägung ist die Stärke des Lehrgangssystems“. Gerade auch in den verschiedenen Bereichen der Wirtschaft zeige sich, ist der Auftragnehmer aufgeschlossen und kann bei einer befremdlichen Situation, insbesondere wenn sie durch kulturelle Missverständnisse ausgelöst ist, souverän und kompetent reagieren, dies als ein guter Kundenservice anerkannt werde.

Behörden und Verwaltungen haben insgesamt eine gewisse Vorreiterfunktion. Das „Warum“ erläuterte Markus Bassenhorst so: Die Verfasser des Nationalen Integrationsplans stellten 2009 offiziell fest, dass Integration nur dann gelingen könne, wenn sich auch die staatlichen und gesellschaftlichen Institutionen Zuwanderern in Deutschland öffnen und der Zuwanderungsrealität Rechnung tragen. Interkulturelle Öffnung sei also „auch ein politisches Ziel“. Generell sei aber zu sagen, dass auch Verwaltungen und Behörden das Selbstverständnis haben, Dienstleister für alle Bürger/innen zu sein – und da „gehören Menschen aller kulturellen Hintergründe dazu“.

In seinem Referat erläuterte Bassenhorst natürlich auch den Aufbau des Lehrgangsystems. Dieses gliedert sich in drei aufeinander aufbauende Module: Basic, Professional und Master. Das erste Modul Basic fokussiert grundlegende Themen des interkulturellen Lernens anhand konkreter Praxisfelder. Die Teilnehmer erleben einen direkten, persönlichen Bezug zu real gelebter Interkulturalität. Das Modul Professional fundiert das im Basic praxisnah erarbeitete Fachwissen und analysiert Erfahrungen des Alltags mit kultureller Fremdheit. Das Modul Master sei zeitlich umfangreicher und befähige die Teilnehmer, in ihrem beruflichen Handlungsfeld interkulturelle Konflikte nachhaltig zu lösen und Prozesse der interkulturellen Öffnung der Einrichtung fachlich zu begleiten. Jedes der genannten Module schließt mit einer Prüfung und einem Europa weit anerkannten Xpert Zertifikatab.

Im Vorfeld der Veranstaltung hatte Carmen Abwandner von der Donauwörther Zeitung ein Interview mit Markus Bassenhorst geführt, das am 7. November in der DZ veröffentlicht wurde. Darin stellte der BVV-Fachreferent die wichtigsten Aspekte und Beweggründe zusammen.

Frage: Was verbirgt sich hinter dem Ausdruck "Interkulturelle Kompetenz"?

Bassenhorst: Im Arbeitsalltag ist die Begegnung von Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen und Werthaltungen keine Seltenheit mehr. Globale wirtschaftliche Zusammenhänge und ein signifikanter Anteil von zugewanderten Menschen, die in zweiter und dritter Generation in Deutschland leben, sind längst keine Phänomene mehr, die ausschließlich größere Städte betreffen. Es braucht in allen gesellschaftlichen Bereichen einen generell wertschätzenden Umgang miteinander sowie eine produktive Zusammenarbeit in beruflichen Kontexten. Um eine gute Kommunikation und das gegenseitige Verständnis zu gewährleisten, ist qualifiziertes Wissen im Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen unerlässlich.

Interkulturell kompetent zu sein bedeutet, dass man sich eine Sensibilität und entsprechendes Wissen über die allgegenwärtigen Ausprägungen von Kultur aneignet. Sei es die Bewusstwerdung der eigenen kulturellen Prägungen, oder die konstruktive Auseinandersetzung mit der vermeintlich fremden Kultur zugewanderter und ausländischer Bürger/innen. Als interkulturell kompetent könnte beispielsweise jemand gelten, der auf irritierende und befremdliche Situationen, in denen unterschiedliche kulturelle Hintergründe aufeinandertreffen, nicht emotional betroffen, sondern kulturell sensibel und konstruktiv reagieren kann.

Frage: Das Projekt der Volkshochschulen richtet sich insbesondere an Mitarbeiter/innen aus Verwaltung und Gesundheitsberufen. Warum?

Bassenhorst: Immer mehr Verwaltungen, Behörden, privatwirtschaftliche Dienstleister, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen, Bildungsinstitutionen und Vereinigungen sind damit befasst, ihre beruflichen Handlungsfelder interkulturell zu öffnen. Sei es, weil ein signifikanter Teil ihrer Kundinnen und Kunden über andere kulturelle Hintergründe verfügt, weil das Unternehmen gute Kontakte mit ausländischen Unternehmen pflegt oder weil im Unternehmen selbst mehrere Kulturen aufeinandertreffen.

Die Volkshochschulen bieten bereits seit 2004 das sehr erfolgreiche und wissenschaftlich anerkannte Lehrgangssystem Culture Communication Skills® für berufliche Handlungsfelder an, das gemeinsam mit Hochschulen, Trainerinnen und den erreichten Kundenkreisen stetig weiterentwickelt wird. Es richtet sich explizit an die Herausforderungen, die im beruflichen Alltag auftreten. Damit unterscheidet es sich grundsätzlich von allgemeinen Schulungen zu Interkulturalität, Anti-Rassismus-Arbeit oder Konfliktbewältigung. Die Kontinuität, hohe Qualität und der Praxisbezug des Lehrgangssystems ließen es zu einem der besten Angebote bundesweit avancieren.

Frage: Warum reicht es nicht aus, wenn sich Geschäftspartner in englischer Sprache verständigen können?

Bassenhorst: Wenn es sich um den Abschluss von Verträgen handelt, könnte ein rein sprachlicher Austausch vielleicht genügen. Aber die Praxis zeigt, dass sich internationale Kooperationen ohne interkulturelle Kompetenzen der Mitarbeiter oft sehr kompliziert gestalten. Auch Kunden in Deutschland werden zunehmend internationaler. Beispielsweise steigt demographisch bedingt die Zahl der pflegebedürftigen, da älter werdenden Zuwanderer. Diese haben individuelle, kulturell bedingte Bedürfnisse. Insbesondere in der Altenpflege finden sich zudem immer seltener deutsche Arbeitskräfte. Zuwanderer leisten hier eine wertvolle und wichtige Arbeit. Grundsätzlich ist festzustellen, dass 2011 laut Microzensus im Regierungsbezirk Schwaben die durchschnittliche Zahl der Bürgerinnen und Bürger mit Migrationshintergrund bei 20 bis 25 Prozent lag. Es ist also auch auf die innerdeutschen Handlungsfelder zu schauen.

Frage: Gehört zur Interkultureller Kompetenz auch, die jeweilige Fremdsprache zu beherrschen und über sämtliche Gepflogenheiten informiert zu sein?

Bassenhorst: Interkulturell kompetent zu sein setzt nicht das Beherrschen einer oder vieler Fremdsprachen voraus. Es ist die grundsätzliche Kompetenz, interkulturelle Zusammenhänge erkennen und einschätzen zu können. Viele Firmen bereiten ihre Mitarbeiter auf den Einsatz im Ausland vor, indem diese einen so genannten „Kulturknigge“ vermittelt bekommen: „Wenn Du in dieser Situation bist, dann handle so. Dies und das wird von Dir erwartet.“ Solche Lehrgänge greifen bei Weitem zu kurz. Hier leistet unser Lehrgangssystem eine grundsätzliche Sensibilisierung für die eigene und für fremde Kulturen. Das ist die Grundlage für jede weitere Vorbereitung auf das Ausland. Das reine Einstudieren relevanter Gesten und Verhaltensweisen hilft nur bedingt weiter. Wie beschrieben, ist dies aber nicht das zentrale Handlungsfeld von Culture Communication Skills®.

Frage: Muss ich im Umgang mit Menschen anderer kultureller Herkunft meine eigenen Einflüsse zurückstellen?

Bassenhorst: Die eigene kulturelle Herkunft kann man gar nicht zurückstellen. Aber man sollte sich ihrer bewusst sein. Alles andere wäre wenig authentisch und wer umgibt sich schon gerne mit Menschen, die nicht sie selbst sind?


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